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Autorenlesung „Der Hof in den Bergen“ von Professor Wolfgang Hardtwig in der Bücherei Aidenbach

|   Pressemeldung

am Donnerstag, den 20. Oktober, ab 16:00 Uhr

Das Aidenbacher Büchereiteam konnte den Historiker und Autor Professor Wolfgang Hardtwig, em. Geschichtsprofessor der Humboldt-Uni Berlin, geb. in Reit im Winkl/Oberbayern, für eine Lesung in Aidenbach gewinnen. Er liest aus seiner Autobiografie „Der Hof in den Bergen“. 
Es ist das Portrait eines Dorfes in Oberbayern in der Nachkriegszeit, seiner sozialen, religiösen und politischen Ordnungen. Mit den Erinnerungen an seine alte Heimat Reit im Winkl lässt Hardtwig eine untergegangene Welt auferstehen – eine Welt, die sich vor der Kulisse einer beeindruckenden Naturlandschaft als ein großes Abenteuer darbot, mit vielen Erlebnissen, die heute geradezu exotisch anmuten, schon weil uns die Sprache zur Beschreibung mancher ihrer Umstände und bäuerlichen Gegenstände abhanden gekommen ist. 
So entstehen starke, sehnsuchtsvolle Bilder: Man würde selbst gerne diese Luft atmen, tun, was Kinder nach dem Krieg auf dem Land so anstellten. Aber jeglicher Heimat und Folklorekitsch ist vermieden – selbst wenn als Pointe tatsächlich für einige Sätze die Reit im Winkler Volksmusikstars des deutschen Fernsehens Maria und Margot Hellwig ihren Auftritt auf der Bühne dieses Buches haben. Stattdessen treten die Härten dieses vielfach noch sehr kargen bäuerlichen Lebens hervor. 
Der Hof in den Bergen war das Refugium der Familie. Als die Bombennächte im Zweiten Weltkrieg in München zu bedrohlich wurden, beschloss die Familie, in den Bauernhof bei Reit im Winkl umzuziehen, den der Großvater (Eduard Hamm) 1932 gekauft hatte. Hamm war bayerischer Landtagsabgeordneter und Minister, später Reichstagsabgeordneter und wichtiger Politiker der Weimarer Republik, liberaler Wirtschaftsminister, dann Vorstand des Industrie- und Handelstags, ehe er im Widerstand gegen Hitler aktiv wurde. Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 holte ihn die Gestapo vom Hof ab. Er starb unter bis heute nicht restlos aufgeklärten Umständen. Der Großvater blieb auch danach die prägende Figur der Familie. Politiker wie Theodor Heuss und andere Bekannte und Freunde der weithin vernetzten Familie tauchten besuchsweise auf dem Hof auf und hielten die Verbindung zur Welt draußen aufrecht. 
Als Meister präziser Erzählung beschreibt Hardtwig mit viel Empathie – und feinem Humor – die Mühen bäuerlicher Werktage und die Rituale dörflicher Sonntage sowie die Kulturen von Schule, Kirche und Politik zwischen Tradition und Moderne. Er zeichnet damit das Portrait eines Dorfes mit seiner sozialen, kirchlich-religiösen und politischen Struktur und ihres Wandels. Anschaulich treten die feinen Unterschiede vor Augen, wer mit wem in welchem Gasthof zusammensitzt, wer mit wem Geschäfte macht und wie sie abgewickelt werden, wie die Kirche in die zwischenmenschlichen Beziehungen eingreift und wie und mit welchem Personal die neuen politischen Parteien der Nachkriegszeit um Stimmen werben. Hardtwig nennt Namen, beschreibt Schauplätze und veranschaulicht so das soziale Koordinatennetz des Dorfes. Auch das Dorf bildet einen Raum, in dem sich bundesrepublikanische Nachkriegsgesellschaft formierte. „Erzählen lässt sich davon auf verschiedene Weise: als bloßer Bericht über die Abfolge von Ereignissen, als breite Schilderung des Lebens und seiner Buntheit, als Gespinst von Reflexionen, die mehr oder weniger fest an zwei Angelpunkten in der Zeit. Anfang und Ende, befestigt sind; schließlich als diskursives Erzählen das nach Ursachen und Wirkungen fragt“, so Wolfgang Hardtwig. Aus diesen Perspektiven bietet der Autor ein Stück in ihrer Art neuer und wegweisender „intellektueller Heimatliteratur“.
Olga Hanke vom Büchereiteam freut sich schon auf die Autorenlesung: „In unseren neuen Räumlichkeiten im Alten Rathaus sind Veranstaltungen wie diese in ansprechendem Rahmen möglich. Der Autor reist extra aus München an! Wir haben von der Gemeinde zusätzliche Bestuhlung ausgeliehen und hoffen, dass viele Aidenbacher den Weg in die Bücherei finden, um diese bei der kostenlosen Lesung zu besetzen.“
Lesung „Der Hof in den Bergen – Eine Kindheit und Jugend nach 1945“ von Wolfgang Hardtwig am Donnerstag, den 20. Oktober, von 16:00 bis 17:30 Uhr, in der Bücherei Aidenbach (Marktplatz 25). Eintritt frei, Spenden willkommen. Autor persönlich vor Ort, Büchertisch vorhanden.
 

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