Aus den historisch anmutenden Holzhütten am Marktplatz Aidenbach, direkt neben dem Marktbrunnen, wurden frische Bauernkrapfen und Heißgetränke von bäuerlich gewandeten Vereinsmitgliedern am Abend des 8. Januar 2025 gereicht. Auch die Fackeln für den Fackelmarsch zum Handlberg lagen bereit, damit sich die Teilnehmer für den kurzen Marsch ausstatten konnten. „Leider regenete und schneite es heute den ganzen Tag, sodass wir nicht ganz so viele Marschierer begrüßen können wie in den Vorjahren“, bedauerte Bürgermeister Robert Grabler beim Anzünden seiner Fackel im knisternden Lagerfeuer. Doch diese Tatsache lies den Fackelmarsch 2025 zu etwas ganz Besonderem werden, denn jeder Teilnehmer war dem folgenden Geschehen ganz nah.
Der Kultur- und Festspielverein startete schon am Lagerfeuer mit einer Episode aus dem Festspiel: Bäuerinnen und Pfarrer beratschlagen über Für und Wider der gerade hitzig auflodernden Bauernaufstände – dies im Feuerschein und die Szenerie umgeben von der herrlichen, goldigen Weihnachtsbeleuchtung am Aidenbacher Marktplatz. So stimmungsvoll war der Start des diesjährigen Fackelzugs mit etwa 60 Marschierern, darunter Pfarrer Sebastian Wild, Ehrengast Landesvorstandsmitglied des Bauernbundes Hubert Dorn, Pressevertreter, Aidenbacher Markträte und Vereinsmitglieder sowie Vilshofens Stadtrat Hansi Brandl. Im Fackelschein durch den Aidenbacher Park zu gehen, in der Ferne schon das durch die FFW Aidenbach beleuchtete Handlberg-Denkmal mit dem gewaltigen, blattlosen Baum daneben zu sehen, der einen mystischen, dunklen Schatten warf, unterstrich die besondere Stimmung, die den Fackelträger in dem Moment ergriff.
Kurz vor dem Abbiegen auf die Straße hielt die Gruppe, um auf einer kleinen Wiese die nächste Episode aus dem Festspiel zu erleben: Hauptdarsteller und zweiter Bürgermeister Johannes Seidl, der die Rolle des Simon im Festspiel übernimmt, diskutiert im Lager der Aufständischen am Lagerfeuer mit seiner Liebsten Johanna, die mit dem Pfarrer als Fürsprecher die aufständischen Bauern persönlich zur Umkehr bewegen wollen. Das Zusammenspiel von herzzerreißender Verzweiflung und tiefer Überzeugung konnten die Schauspieler imposant den Zuschauern darbringen, ehe der Aufstieg zum Handlberg begann.
Man näherte sich von der rückwärtigen Seite dem Denkmal auf dem Hügel über Aidenbach, wo Windböen durch das knochige Geäst des Baumes fuhren und die tänzelnden Fackelflammen sogar teilweise zum Erlöschen brachten. Sogleich begann Heinz Fink, ebenfalls Hauptdarsteller im Festspiel, einen ergreifenden Monolog zum Ausgang der Schlacht bei Aidenbach zu halten. Er stand zu Fuße des Denkmals, sein Gesicht in dramatisches Licht durch die flackernden Flammen getaucht, während der Böllersalut vom nahen Kleeberg und die Bauernkämpferkanonenschüsse zu hören waren – spätestens jetzt hatte jeder Anwesende eine Gänsehaut! Mit einer rührenden Live-Darbietung des „Schnitterlieds“ beendete der Kultur- und Festspielverein die schauspielerischen Aufführungen.
Anschließend ergriff Bürgermeister Robert Grabler das Wort, dankte den Protagonisten und Fackelmarschteilnehmern und unterstrich die Wichtigkeit für den Markt Aidenbach, diese Erinnerungskultur zu pflegen. Der Redner Hubert Dorn sprach davon, dass die Spannungen und Geschehnisse damals nicht nur für das Aidenbacher Umland von Bedeutung waren. „Das Gedenken an den Bauernaufstand 1705/1706 halten die Oberbayern zur Sendlinger Mordweihnacht und die Niederbayern zur finalen Schlacht am 8. Januar 1706 nicht aus kommerziellen Gründen ab, sondern es ist ein ehrliches Gedenken aus tiefster Überzeugung – einmalig in Europa“, so der Münchner Buchautor. Er führte des Weiteren aus, dass mit der traurigen Niederschlagung der Aufstände dennoch erste politische Ansätze mit dem Braunauer Parlament in unserer Region entstanden sind, nicht etwa zuerst in Frankreich oder der USA. Außerdem stellte er fest, dass grausame Kriegsszenarien auch in unserer Zeit wieder angekommen sind, z.B. auf Schauplätzen in der Ukraine, und plädierte dafür, Widerstand politisch zu leisten und Lösungen zu finden, getreu dem Motto „Frieden – Demokratie – Freiheit“. Pfarrer Sebastian Wild stellte die Besonderheit des Totengedenkens in Aidenbach heraus, die darin besteht, dass man nicht ausschließlich gesichts- und namenlosen Gefallenen gedenkt, sondern die örtliche Verbundenheit und die zu noch lebenden Nachfahren der Opfer nachwievor besteht. Robert Grabler schloss den Gedenkakt mit der Feststellung, dass das Leben in Frieden ein wertvolles Gut ist. „Friede braucht Menschlichkeit“, so der Bürgermeister, ehe sich die Fackelzugteilnehmer wieder zurück ins Dorf begaben.
Das Jahresauftakttreffen des Kultur- und Festspielvereins findet am 18. Januar um 18 Uhr im Aidenbacher Bürgerhaus statt. Herzlich willkommen sind zahlreiche Helfer, neue Darsteller und weitere Mitwirkende auf und hinter der Bühne für die kommende Festspielsaison. „Interessierte jeden Alters sind eingeladen vorbei zu kommen, wir freuen uns auf ein entspanntes, unverbindliches Kennenlernen“, so Nicole Plattner, Vereinsvorsitzende, im Nachgang der Veranstaltung. Die Premiere des Festspiels „Lieber bairisch sterben…Aidenbach 1706“ findet am 5. Juli 2025 statt, weitere Aufführungen erfolgen am 11., 12., 18. und 19. Juli. Vor den Aufführungen stimmt ein historischer Handwerker- und Bauernmarkt die Besucher aufs 18. Jahrhundert ein.
Ganz nah an der Aidenbacher Bauernschlacht
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Pressemeldung
Kultur- und Festspielverein mit den Aidenbacher Bauernkämpfern glücken mitreißendes Gedenken am Handlberg